Kommunalwahlergebnis auf den ersten Blick – ein genauer am Beispiel des Landkreises Hersfeld-Rotenburg

Kommunalwahlergebnis auf den ersten Blick – ein genauer am Beispiel des Landkreises Hersfeld-Rotenburg

Wiesbaden/Bad Hersfeld im Mai 2021

Ein Beitrag von Torsten Warnecke, MdL und designierter Landrat für den Landkreis Hersfeld-Rotenburg (Foto)

Die Kommunalwahl vom 14. März 2021 hat ihre Ergebnisse gezeitigt. Im Landkreis Hersfeld-Rotenburg für die SPD mit gewonnenen 0,3 Prozentpunkten und einem Kreiswahlergebnis von 37,2 Prozent, einem Sitz mehr, nunmehr 23 von 61 im Kreistag. Dieses Ergebnis ist auch in die Landesstatistik der Landkreise und kreisfreien Städte Hessens als Kommunalwahlergebnis eingegangen. Aber ist das alles? Ist das das Kommunalwahlergebnis?

Sind in den 21 Landkreisen Hessens die Städte und Gemeinden, die eben kreisangehörig sind, ohne Kommunalwahlgewicht? Und bilden diese nicht den maßgeblichen Block für die vielzitierte „Demokratie vor Ort“? Werden nicht dort Entscheidungen zum Ergebnis geführt, die noch in direkten Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürger durch die immer wieder hochgelobten wahrlich „Ehrenamtlichen“ weitergetragen und dargestellt werden? Der Blick auf diese Ebene lohnt sich!

Nicht 61 sondern 501 Mandate – das ist nicht alles!

Auf Kreisebene im Landkreis Hersfeld-Rotenburg besteht für Parteien und Listen die Chance, 61 Mandate zu erringen. Aber das ist nicht alles. In den 20 kreisangehörigen Kommunen tragen weitere 440 Mandatsträgerinnen und -träger Verantwortung. Auf die Parlamente von vier Städten und 16 Gemeinden, bei gut 120.000 Einwohnerinnen und Einwohner, werden diese Mandate verteilt. Das ist noch immer nicht alles. Denn die zahlreichen Ortsbeiräte mit ihren Mandaten sind bei diesem Überblick nicht einbezogen.

501 Mandate somit im Landkreis insgesamt, statt der allein 61 Kreistagsmandate, sollten den Blick auf das personelle Engagement in unserer Demokratie schärfen.

Im Detail sind die errungenen Mandate vor Ort – Zahl der notwendigen Stimmen, um ein Mandat zu erreichen – mit denen auf Kreisebene aufgrund des Kumulierens, Panaschierens und der unterschiedlichen Stimmenzahl (Mandate und damit Stimmenmaximalzahl: Landkreis Hersfeld-Rotenburg 61 über Bad Hersfeld 39 bis Cornberg 11) nicht gleichzusetzen. Dennoch müssen Kandidaturen aufgeboten, Mandate dauerhaft besetzt und damit vor allem kommunalpolitische Arbeit gestaltet werden. 4,2 Millionen Stimmen wurden für die Kreistagswahl und die der vier Stadt- sowie 16 Gemeindeparlamente von den Wählerinnen und Wähler vergeben.

SPD; konkret heißt dies: auf Kreisebene 23 von 61 Mandaten, bei 37,2 Prozent (1.062.392 Stimmen). Von der Gesamtzahl von Kreis-, Stadt- und Gemeindewahl rund 4,2 Millionen Stimmen erreichte die SPD 1.598.189 Stimmen oder 38,25 Prozent. Damit konnte die SPD 230 Mandate insgesamt erringen oder gut 46 Prozent der Sitze in den Kommunalparlamenten. CDU; die nächstgrößere Partei: wartet im Kreistag mit 16 Sitzen oder 25,8 Prozent (737.295 Stimmen) auf. Insgesamt errungene 1.048.782 Stimmen oder 25,1 % bedeuten auf der kommunalen Ebene (Kreis plus Städte und Kommunen) 117 Mandate oder 23,4 Prozent bei 501 Mandaten. Grüne; bedeutet dies: Zu einem Kreiswahlergebnis von 6 Sitzen, bei 9,2 Prozent Stimmen (263.713 Stimmen) kommen weitere 13 Sitze dazu. Diese insgesamt 19 oder gut 3,8 %, von den 501 Mandate, stützen sich auf dann 332.135 Stimmen, gleich 7,95 Prozent. FDP; erzielte: auf Kreisebene 3 Mandate oder 5,5 Prozent (157.727 Stimmen). Hinzukommen 16 weitere Kommunalmandate, was 19 Mandate oder 228.635 Stimmen oder 3,8 % der Mandate ausmacht. AfD; trat nur auf Kreisebene an: mit 236.767 Stimmen, 5 Mandate oder 8,3 %. Die fünf Mandate bedeuten gerade ein gutes Prozent der Gesamtzahl der 501 Mandate. Freie Wähler und FWG erreichten: die Freien Wähler erreichten 141.838 Stimmen, 5% auf Kreisebene oder 3 Mandate im Kreistag (gut 0,6% der Gesamtmandate). Die FWG konnte weitere 22 Kommunalmandate in Städten und Gemeinden mit 70.820 Stimmen oder 1,69 % der Gesamtstimmenzahl oder 4,4% der Gesamtmandate abschneiden.

Die häufig nur vor Ort kandidierenden, sich nicht zusammenschließenden Gruppierungen und Listen kommen zusammen auf 91 Mandate, rund 18% der 501 Mandate. Dies weist auf eine vielfältige politische Landschaft mit jedoch nicht selten einer allein punktuellen auftretenden politischen Agenda.

Demokratie kommt ohne tiefgreifende Verankerung nicht aus

Die politischen Debatten werden einerseits mit langfristig-globaler Ausrichtung, andererseits mit kleinteilig-lokal und -regional sowie kurzfristigen Zielen verfolgt. Die tendenzielle Wahrnehmung, wonach die Relevanz von Parteien, die auf allen Ebenen Verknüpfungen vorweisen, abnimmt, spricht gegen Volksparteien. Die tatsächlichen Notwendigkeiten dafür. Und die kommunalpolitische Praxis verweist darauf, dass Volksparteien eine tiefe Verankerung aufweisen. Dies dokumentiert sich nicht allein in den modern „Netzwerken“ genannten personellen Verknüpfungen. Vielmehr verbunden damit sind auch Fort- und Weiterbildungen sowie damit Qualifizierungsangebote. Vor allem jedoch eine Verknüpfung mit den maßgeblichen landes- und bundespolitischen Ebenen. Europa kommt hinzu. Das bilden die Volksparteien offenbar ab.

Und zweifelsohne ist die Sozialdemokratie mit 14 von 21 Landrätinnen und Landräten der hessischen Landkreise sowie vier der fünf Oberbürgermeister der kreisfreien, schließlich weiteren vier der sieben Sonderstatusstädte. Am Beispiel des Landkreises Hersfeld-Rotenburg, der gewiss exemplarisch für die beiden Volksparteien SPD und CDU stehen kann – wenn auch bei unterschiedlichen Stimmenergebnissen – wird deutlich, wie gewichtig vor Ort die Volksparteien sind. SPD Hessen: Die Kommunalpartei.